matomo

Erinnerungsorte in Ruanda

In keinem Land der Welt bekommt man so viele Totenschädel zu Gesicht wie in Ruanda. Sie werden öffentlich ausgestellt, um an das Grauen des Völkermordes im Frühjahr 1994 zu erinnern. Diese stammen aus der Gedenkstätte Nyamata, zirka 30 Kilometer südlich der Hauptstadt Kigali. An diesem Ort sind die sterblichen Überreste von 50.000 ermordeten Menschen begraben. Die Gedenkstätte ist eine von sechs nationalen Erinnerungsorten in Ruanda. Insgesamt gibt es über 250 registrierte Gedenkstätten, die dem Völkermord von 1994 gewidmet sind.

Credit: Fanny Schertzer / CC BY-SA

Völkermordgedenkstätte Kigali

Die „Wand der Namen“ in der Völkermordgedenkstätte Kigali wird wohl niemals ganz beschrieben sein. Denn von den bis zu 250.000 Menschen, die hier in Gemeinschaftsgräbern bestattet liegen, konnte bisher nur ein kleiner Teil identifiziert werden. Ihre Leichen wurden 1994 auf den Straßen der ruandischen Hauptstadt Kigali gefunden.

Neben den Gräbern wurde 2004 mit ausländischer Unterstützung ein nationaler Gedenkort eingerichtet. Zu ihm gehören eine moderne Dauerausstellung, ein Bildungszentrum, ein Garten der Besinnung und ein Denkmal für die ermordeten Kinder. Die Ausstellung behandelt nicht nur den Genozid in Ruanda, sondern auch dessen Vorgeschichte und ähnliche Ereignisse in anderen Ländern. Auch Überreste von Opfern und Tötungswerkzeuge werden gezeigt. Über einen Audioguide erhalten die Besucher Erläuterungen. Die Gedenkstätte wird von Aegis Trust verwaltet, einer in Großbritannien ansässigen Organisation zur Verhütung von Genoziden. Sie tut dies im Auftrag der Nationalen Kommission zur Bekämpfung des Völkermords (CNLG).

Links

Website der Völkermordgedenkstätte Kigali (englisch)

Frühere Website der Völkermordgedenkstätte Kigali (englisch)

Website der Nationalen Kommission zur Bekämpfung des Völkermordes (englisch)

Nach der Diktatur. Instrumente der Aufarbeitung autoritärer Systeme im internationalen Vergleich

Ein Projekt am Lehrstuhl für Neueste Geschichte der Universität Würzburg

Twitter: @afterdictatorship
Instagram: After the dictatorship

Mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Völkermordgedenkstätte Murambi

Kalk schützt diesen Toten vor der Verwesung. Etwa 850 Leichen wurden auf diese Weise konserviert, um sie in den Klassenräumen einer ehemaligen Schule in der Nähe von Murambi auszustellen.

Im April 1994 flüchteten mehrere Tausend Tutsis in das Gebäude. Hutu-Milizen stürmten es nach fünf Tagen und töteten schätzungsweise 43.000 Menschen mit Macheten, Speeren und Knüppeln. Die Massengräber, in denen man sie anschließend verscharrte, wurden ein Jahr später geöffnet. Seitdem wird ein Teil der Toten – neben Knochen, Schädeln und Kleidungsstücken – in der Völkermordgedenkstätte im Süden Ruandas ausgestellt. Restauratoren aus Deutschland halfen 2017 bei der Konservierung der schrumpfenden Leichen. Gerichtsmediziner dokumentierten die Verletzungen der Opfer.
 

 

Völkermordgedenkstätte Ntarama

Ordentlich aufgereiht stehen die Bänke in dieser Kirche im Bezirk Bugesera, etwa eine Autostunde südlich von Kigali. Nur die Regale an der Rückwand des ehemaligen katholischen Gotteshauses irritieren, denn menschliche Schädel liegen darin dicht nebeneinander.

Etwa 5000 Menschen suchten 1994 in dem Backsteingebäude Zuflucht. Am 15. April richteten Hutu-Paramilitärs dann ein Blutbad an und schlachteten die Schutzsuchenden regelrecht ab. An den Wänden der heutigen Völkermordgedenkstätte Ntarama hängen noch vereinzelt Kleidungsstücke der Opfer. Im Gebäude hinter der Kirche sollen Babys getötet und anschließend die Wände mit ihrem Blut beschmiert worden sein. Für die Toten wurden vor dem Kirchengebäude steinerne Sarkophage errichtet, auf denen Verwandte oder Besucher Blumen ablegen.

 

 

 

Völkermordgedenkstätte Bisesero

Wie eine grausame Mahnung erinnern diese menschlichen Schädel an das Geschehen in der Siedlung Bisesero im Westen Ruandas. Etwa 40.000 Menschen wurden 1994 in der Umgebung ermordet.

Die Tutsis hatten sich damals hilfesuchend an die französischen Friedenstruppen gewandt, die in der Nähe stationiert waren. Doch diese zogen sich mit der Begründung zurück, dass sie kein Mandat hätten zu intervenieren. In einem kleinen Informationszentrum zeigt die Gedenkstätte, die etwa 60 Kilometer von Kibuye entfernt liegt, einen Teil der Schädel der Ermordeten. Draußen Gelände befindet sich ein kleines Denkmal, das aus dem Boden ragende Speere zeigt und damit an die brutalen Methoden bei diesem Massenmord erinnert.

Völkermordgedenkstätte Nyamata

Das Tuch auf diesem Altar ist immer noch blutbefleckt. In der ehemaligen katholischen Kirche suchten im April 1994 etwa 10.000 Menschen Schutz. Doch Hutu-Milizen schlugen Löcher in die Backsteinwände und warfen Granaten hinein.

Anschließend wurde das Gotteshaus gestürmt, um die Menschen im Inneren zu erschießen oder mit Macheten zu töten. Nach dem Massaker wurden auch noch in der Umgebung zahlreiche Menschen ermordet. Etwa 50.000 Tote liegen rund um das Gebäude etwa 30 Kilometer südlich von Kigali begraben. Die Kirche ist heute eine Gedenkstätte. Die Löcher in den Wänden sind immer noch zu sehen, auch die Einschusslöcher in der Decke. Von den Ermordeten blieben nur die Kleidung und die Personalausweise erhalten. Den Ausweisen kam beim Völkermord in Ruanda eine besondere Bedeutung zu, denn dort war eingetragen, ob jemand Tutsi oder Hutu war.

Völkermordgedenkstätte Nyarubuye

Makellos und sauber erhebt sich diese massive Backsteinkirche vor dem blauen Himmel Ruandas. Etwa 20.000 Menschen suchten hier 1994 Schutz. Viele von ihnen waren auf der Flucht in das nahe gelegene Tansania. Mitte April wurden sie innerhalb weniger Tage ermordet.

Eine Schlüsselrolle spielte dabei der Bürgermeister des Bezirks, Sylvestre Gacumbitsi. Er führte die Angriffe persönlich an, verteilte Waffen und forderte den Mob per Megaphon zu Vergewaltigung und Mord auf. Der Internationale Strafgerichtshof verurteilte ihn später zu lebenslanger Haft (siehe Dokumente).

In der renovierten Kirche in der Gemeinde Rusumo deutet heute nichts mehr darauf hin, dass sie 1994 voller Leichen war. Doch in dem dahinter liegenden Kloster sind noch die Überreste des Massakers zu sehen: Kleidungsstücke und Schuhe der Opfer; menschliche Knochen, die der Größe nach gestapelt sind; Schädel auf tischähnlichen Regalen, an denen man noch die Risse und Löcher vom Schlag der Macheten erkennt. Auch Mordinstrumente werden in der Gedenkstätte gezeigt, unter anderem spitze Stöcke, die schwangeren Frauen von unten durch den Leib getrieben worden sein sollen. In der Nähe der Massengräber befindet sich ein Gedenkgarten, zu dem auch eine Wand mit Namen gehört, doch nur wenige Opfer konnten bisher identifiziert werden. 

TYPO3-Umsetzung & TYPO3-Webdesign: NetShot