matomo

Dokumente zu Ruanda

In einer Plastiktüte liegen diese blutbefleckten Unterlagen, die  nach dem Massaker in der Ntarama-Kirche gefunden wurden. Dokumente, Fotos und andere Quellen sammelt in Ruanda vor allem das Nationale Genozidarchiv, das einen Teil seiner Bestände auch online zugänglich gemacht hat. Auch der Internationale Strafgerichtshof für Ruanda hat zahlreiche Unterlagen ins Internet eingestellt. In den Anklageschriften und Urteilen werden viele Verbrechen genauestens dokumentiert.

Credit: Dave Proffer / CC BY

Protokoll des Grauens

Neun Seiten umfasst die Anklageschrift von Staatsanwältin Carla Del Ponte gegen den Bürgermeister der Gemeinde Rusumo, Sylvestre Gacumbitsi. In dürren Worten zählt sie darin auf, wie dieser in seinem Bezirk an der Grenze zu Tansania die Ermordung Tausender Tutsis organisierte. Ihr Protokoll trug maßgeblich dazu bei, dass Gacumbitsi zu lebenslanger Haft verurteilt wurde – als einer von wenigen Verantwortlichen, die den Völkermord in Ruanda praktisch durchführten.

Del Pontes Anklageschrift trägt das Datum vom 20. Januar 2001. Sie wirft darin dem Bürgermeister vor, die Kampagne zur Tötung der Tutsis in seiner Gemeinde organisiert zu haben. Tag für Tag listet sie in dem Dokument Gacumbitsis Aktivitäten im Frühjahr 1994 auf. Am 9. April 1994 habe ein erstes Treffen in seinem Büro stattgefunden. Dabei seien Waffen verteilt worden. Am Folgetag habe er über 100 Kartons mit weiteren Granaten, Macheten und anderen Waffen in Empfang genommen. Am 12. April habe er angeordnet, weitere Waffen zu verteilen und damit zuerst die Tutsis zu töten, deren Kinder sich den Rebellen angeschlossen hätten. Am 14. April habe er erneut Macheten verteilt und befohlen, um Mitternacht alle Tutsis der Region zu töten. Wer einen Tutsi umbringe, bekomme dessen Besitz.

Vom 15. bis 17. April habe Gacumbitsi dann den Angriff auf die Nyarubuye-Kirche geleitet, in der zahlreiche Tutsis Schutz gesucht hätten. An der Spitze mehrerer Polizei- und Milizfahrzeuge sei er vor der Kirche vorgefahren und habe Macheten abgeladen. Polizei und Miliz hätten danach die Kirche umzingelt. Dann habe Gacumbitsi befohlen, die Tutsis mit Granaten, Feuerwaffen und traditionellen Waffen anzugreifen. Am nächsten Tag erschien er erneut, um Überlebende zwischen den Leichen zu töten. Anschließend wurde die Kirche geplündert.

Del Ponte beschuldigte den Bürgermeister auch, zur Vergewaltigung von Tutsi-Frauen aufgerufen zu haben. So habe er von seinem Auto aus per Lautsprecher dazu aufgerufen, „Tutsi-Mädchen, die sich immer geweigert haben, mit Hutus zu schlafen, zu vergewaltigen. (…) Verschont nicht eine einzige Schlange.“ Den Wortlaut der Anklage finden Sie hier. Das Urteil vom 20. Juni 2001 findet sich hier.

Links

Website des Genozidarchivs von Ruanda (englisch)

Website des Internationalen Strafgerichtshofes für Ruanda (englisch)

Statut des Internationalen Strafgerichtshofes für Ruanda (englisch)

Video über die Archive des Internationalen Strafgerichtshofes für Ruanda (englisch) 

 

Nach der Diktatur. Instrumente der Aufarbeitung autoritärer Systeme im internationalen Vergleich

Ein Projekt am Lehrstuhl für Neueste Geschichte der Universität Würzburg

Twitter: @afterdictatorship
Instagram: After the dictatorship

Mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

 

TYPO3-Umsetzung & TYPO3-Webdesign: NetShot