Tunesien ist kaum größer als Nicaragua. Und doch richten sich viele Hoffnungen auf den Mittelmeerstaat, in dem 2011 der Arabische Frühling begann. Nach dem Sturz der Diktatur unter Präsident Ben Ali kam es zu einer grundlegenden Demokratisierung. Mit großem Elan machte man sich auch an die Aufarbeitung der Vergangenheit. Die Ergebnisse blieben bisher aber bescheiden.
Tunesien – offiziell: Tunesische Republik – ist ein Staat in Nordafrika, der an das Mittelmeer grenzt. Fast zwölf Millionen Einwohner leben hier auf einer Fläche von knapp 164.000 Quadratkilometern. Über 98 Prozent von ihnen bekennen sich zum muslimischen Glauben.
Die einstige französische Kolonie erlangte 1956 ihre Unabhängigkeit, ein Jahr später wurde sie zur Republik. Unter dem 1959 gewählten Präsidenten Habib Bourguiba entwickelte sich Tunesien allerdings bald zu einem diktatorisch regierten Einparteienstaat. Das änderte sich auch nicht, als ihn Ministerpräsident Zine el-Abidine Ben Ali 1987 für abgesetzt und sich selbst zu seinem Nachfolger erklärte. Während Ben Alis 24-jähriger Herrschaft wurden zehntausende Menschen verhaftet, vor allem Islamisten, aber auch Kommunisten und Militärs. Während sich seine Familie in großem Stil mit Hilfe des Staates bereicherte, wurde die Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit immer weiter eingeschränkt.
Im Januar 2011 kam es in Tunesien zu massiven Protesten der Bevölkerung. Der Diktator floh nach Saudi-Arabien. Seine Entmachtung löste auch in anderen Ländern Erhebungen aus, die als Arabischer Frühling in die Geschichte eingingen. Im März 2011 wurde Ben Alis Partei, die Konstitutionelle Demokratische Sammlung (RCD), verboten. Im Oktober fanden freie Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung statt. Ehemalige RCD-Funktionäre durften dabei nicht kandidieren. 2014 wurde eine neue Verfassung verabschiedet.
Die Abgeordneten setzten auch eine Kommission für Wahrheit und Würde ein. Fünf Jahre lang untersuchte diese die Menschenrechtsverletzungen unter Ben Ali und seinem Vorgänger Bourguiba. Doch ihre Arbeit geriet zunehmend in den Streit der Parteien.
Wegen mehrerer terroristischer Anschläge wurde in Tunesien Ende 2015 der Ausnahmezustand verhängt. Trotzdem gilt das Land als der einzige demokratisch regierte Staat in der arabischen Welt. Das sogenannte Quartett für nationalen Dialog aus Gewerkschaftsbund, Industrieverband, Rechtsanwaltsverband und Menschenrechtlern erhielt 2015 den Friedensnobelpreis (Stand: April 2020).
Fläche: | 163.610 km² |
Einwohner: | 11,7 Mio (2020, geschätzt) |
Bevölkerungswachstum: | 1,12 % jährlich (2017) |
Bevölkerungsdichte: | 72 Einwohner pro km² |
Regierungssitz: | Tunis |
Amtssprache: | Arabisch |
Politisches System: | Semipräsidentielle Demokratie |
Staatsoberhaupt: | Präsident Kais Saied (seit 2018) |
Regierungschef: | Ministerpräsident Elyes Fakhfakh (seit 2018) |
Freiheitsstatus: | 70/100 |
BIP pro Kopf: | 12.384 USD (kaufkraftbereinigt, 2018) |
Länderinformationen der Kooperation international zu Tunesien
Länderinformationen des Auswärtigen Amtes zu Tunesien
Länderinformationen des Recherchenetzwerkes Afrobarometer zu Tunesien (englisch)
Länderinformationen der Informationsplattform humanrights.ch zu Tunesien
Länderinformationen von Amnesty International zu Tunesien (englisch)